Unternehmensbewertung als Teil des Corporate Finance
Während bei der Unternehmensbewertung die Due Diligence (Unternehmensanalyse, dt. sorgsame Erfüllung, im Verkehr erforderliche Sorgfalt), die Erstellung und Plausibilisierung von Planungsrechnungen sowie die eigentliche Unternehmensbewertung im Vordergrund stehen, fokussiert M&A auf Akquisitionen, Fusionen, Veräußerungen, Management-Buy-out und Management-Buy-in, Unternehmensnachfolge und Joint Ventures. Eine sonstige Finanzierungsberatung hat Projektfinanzierungen zum Gegenstand, IPO-Beratung (Initial Public Offering, dt. Börsengang) oder Private-Equity-Modelle (private equitiy = dt. außerbörsliches Eigenkapital).
Der Begriff Corporate Finance wird bis heute nicht einheitlich verwendet. Sehr weit verstanden bedeutet er ‚herkömmliche Unternehmensfinanzierung‘. Banken verstehen Investmentbanking darunter und bestimmte Finanzierungen wie Going Public, Projektfinanzierungen oder eben M&A. Der enger gefasste Unternehmensberaterbegriff versteht unter Corporate Finance Unternehmensakquisitionen, Due Diligence und die eigentliche Unternehmensbewertung. Teilweise wird auch von Transaktionsberatung besprochen.
Anlässe von Corporate-Finance-Beratung
Corporate-Finance-Beratungen werden aufgrund vielfältiger Gründe nachgefragt. Schnelles externes Wachstum, Finanzinvestitionen, Diversifikation, Insourcing, die Ausrichtung auf Kernkompetenzen, marktstrategische Gründe oder Unternehmensnachfolgen sind solche Gründe. Kern einer jeden Corporate-Finance-Beratung oder Transaktionsberatung ist die Due Diligence und die eigentliche Unternehmensbewertung.
Transaktionen laufen im Allgemeinen in den vier Phasen Planung und Sondierung, Due Diligence, Verhandlungen mit Vertragsabschluss und Integration ab.
Hinsichtlich der rechtlichen Grundstrukturen von Transaktionen gibt es keine besonderen Vorschriften. Es gelten in Deutschland die allgemeinen Vorschriften des BGB. Zu unterscheiden ist zivilrechtlich in Share Deal und Asset Deal. Haftungsrechtliche, vertragstechnische und steuerliche Aspekte sind weitere Bezugspunkte der Betrachtung.
Eigentliche Unternehmensbewertungen erfolgen auch aufgrund von Kauf oder Verkauf von Unternehmen oder Unternehmensanteilen, aufgrund von Ein- oder Austritten von Gesellschaftern, Umwandlungen, Verschmelzungen oder Abspaltungen von Unternehmen oder auch nur als Wertsteigerungsanalyse, d.h. als Bestimmung des Shareholder Value als permanente Unternehmensbewertung. Bei Anlässen ohne Eigentumsübergang dominiert die Kreditwürdigkeitsprüfung als Grund einer Unternehmensbewertung.
Unternehmensbewertung 1: Unternehmensanalyse und Unternehmensplanung
Vergangenheits- und Lageanalyse
Die Vergangenheit- und Lageanalyse ist der Ausgangspunkt für die Planungsrechnung. Zugrunde gelegt wird der Zeitpunkt des Bewertungsstichtages. Grundlage sind die Jahresabschlüsse einschließlich Kapitalflussrechnungen sowie weitere interne Analysen wie interne Deckungsbeitragsrechnungen, Branchen- oder Marktentwicklungen usw. Durch Bereinigung von ungewöhnlichen und nicht nachhaltigen Ergebnisfaktoren wird die tatsächliche betriebswirtschaftliche Ertragskraft sichtbar gemacht.
Due Diligence
Die Due Diligence, wiederholend dt. ‘Unternehmensanalyse, sorgsame Erfüllung, im Verkehr erforderliche Sorgfalt’ unterscheidet sich von der Vergangenheits- und Lageanalyse im Grunde genommen nur dadurch, dass hier zusätzlich eine Plausibilisierung der Planungsrechnung vorgenommen wird.
Im Rahmen von Unternehmenskäufen wird durch dieses Konzept versucht Chancen und Risiken aufzudecken und damit mögliche „Deal Breakers“ zu identifizieren. Es wird versucht, die Informationsasymmetrie zwischen Verkäufer und Käufer zu überwinden. Und die Due-Diligence-Ergebnisse sind Grundlage für Garantien und Gewährleistungen im Unternehmenskaufvertrag. Bei Unternehmen mit beabsichtigtem Börsengang wird deren Börsenfähigkeit geprüft und der Emissionspreis bestimmt. Mit diesem Konzept können auch Businesspläne geprüft werden, Unternehmenskonzeptionen oder Projektfinanzierungen. Sanierungsbestrebungen können damit unterlegt werden, und wiederholend kann die Kreditwürdigkeit geprüft werden.
Der Auftraggeber, zum Beispiel im Fall eines Unternehmensverkaufs der Verkäufer, muss im Rahmen der Due-Diligence-Prüfungen einen tiefen Einblick in das Betriebsgeschehnis gewähren. Sein Gegenüber, beim Unternehmensverkauf der potentielle Erwerber, kann im Falle des Scheiterns der Verhandlungen diese gewonnenen Erkenntnisse auch als Wettbewerbsvorteil nutzen. Vielfach werden erfolgskritische Betriebsgeheimnisse daher nicht vor Vertragsabschluss preisgegeben.
Die Due Diligence unterteilt sich in
- Commercial Due Diligence: Analyse des Geschäftsmodells und des marktbezogenen Umfelds;
- Financial Due Diligence: Analyse der historischen und zukünftigen Vermögens-, Finanz -und Ertragslage;
- Tax Due Diligence: Analyse des Zielunternehmens in steuerlicher Hinsicht, um steuerliche Risiken aufzudecken;
- Legal Due Diligence: Analyse der rechtlichen Verhältnisse, um rechtliche Risiken aufzudecken;
- Environmental Due Diligence: Analyse des Unternehmensstandorts auf Umweltlasten;
- Human Resource Due Diligence: Analyse der Personal- und Qualifikationsstruktur.
Die Qualität von Due Diligence wird maßgeblich bestimmt von der Qualifikation des Beraters und dass die Motive und Ziele der beteiligten Parteien erkannt werden sowie von der Offenheit der beteiligten Parteien.
Instrumente der Unternehmensanalyse
Im Rahmen des Due Diligence Prozesses werden regelmäßig verschiedene betriebswirtschaftliche Instrumente eingesetzt. Hierzu gehören zum Beispiel — nicht abschließend:
- SWOT-Analyse
- Stärken- und Schwächen-Analyse
- Portfolioanalyse
- Branchenstrukturanalyse (Porters 5-Forces-Modell)
- Marktphasenmodell
- Produktlebenszyklus
- Erfahrungskurvenkonzept
- Wertkettenanalyse
Welche Methoden der Bewerter anwendet, ist vom Einzelfall abhängig
Unternehmensplanung als Grundlage der Bewertung
Wesentliche Grundlage einer qualifizierten Unternehmensbewertung ist eine konsistente und plausible Planung. Diese Planung nimmt bei der Bewertung die wesentliche Bearbeitungszeit in Anspruch. Der eigentliche Bewertungsvorgang benötigt vergleichsweise wenig Zeit. Bei größeren Unternehmungen liegt die Planung zumeist vor und muss auf Plausibilität hin geprüft werden. Bei KMU muss der Bewerter die Planung oft selbst erstellen.
Eine professionelle Unternehmensplanung besteht aus einer integrierten Planungsrechnung mit Plan-Bilanz, Plan-GuV und Plan-Kapitalflussrechnung (Cash-Flow-Berechnung). Anstelle einer Kapitalflussrechnung kann auch hilfsweise wenigstens eine Finanzbedarfsrechnung erstellt werden, um den Zinsaufwand für die Plan-GuV ermitteln zu können. Das integrierte Planungskonzept gewährleistet formale Konsistenz und hilft Plausibilität zu erkennen. Plausibilität bedeutet Freiheit von offensichtlichen Widersprüchen, vergleichbar mit der Verprobung im Rahmen von Betriebsprüfungen. Erreicht werden diese Plausibilisierungen durch kritisches Hinterfragen der Planungsannahmen und Kennzahlenermittlung sowie Kennzahlenvergleiche. Die materielle Plausibilisierung hinterfragt hierbei wesentliche Annahmen in der Planungsrechnung mittels externer Daten. Insbesondere die kritischen Erfolgsfaktoren und hier die branchenspezifischen Erfolgsfaktoren sind von Relevanz. Die formelle Plausibilisierung überprüft die Planungssystematik und rechnerische Richtigkeit; insbesondere „selbstgestrickte“ Planungen mittels Tabellenkalkulationsprogrammen sind fehleranfällig.
Typische Planungsfehler sind:
- keine Plausiblisierung,
- zu optimistische Umsatzplanung,
- zu optimistische Zahlungseingangssplanung,
- keine Betrachtungen saisonale Schwankungen,
- zu pauschale Materialeinsatzfaktoren,
- keine Berücksichtigung von Preissteigerungsfaktoren bei den Aufwandsarten,
- falsche oder keine Berücksichtigung der Steuerzahlungen.
Unternehmensbewertung 2: Verfahren der Unternehmensbewertung
Ertragswertverfahren und Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren)
Der Ertragswert, auch als Zukunftserfolgswert bezeichnet, ist der Gegenwartswert aller künftigen Ausschüttungen. Hierzu werden auf Basis der bereinigten Ergebnisse der integrierten Planungsrechnung diese künftigen Ausschüttungen mit einem Kapitalisierungszinssatz auf den Bewertungszeitpunkt abgezinst. Die gedankliche Basis dieses Bewertungsverfahrens kann mit den Leitsätzen „Für das Gewesene gibt der Kaufmann nichts“ und „Geld von morgen ist weniger wert als Geld von heute“ auf den Punkt gebracht werden. Perspektivisch bedeutet das Ertragswertverfahren das aus dem Unternehmen in Zukunft „Herausholbare“ im Sinne möglicher tatsächlicher Netto-Ausschüttungen, das sind nur Ausschüttungen an Eigenkapitalgeber und je nach Kapitalisierungszinssatz-Methode (siehe folgend) auch nach Steuern.
Je nach Bewertungsanlass wird in objektivierte Unternehmenswerte und subjektive Entscheidungswerte differenziert.
Konkreter werden die künftigen Ertragsüberschüsse aus der Planungsrechnung abgeleitet. Die darauf folgende Prognosephase bildet in der Regel die ersten 3–5 Jahre detailliert ab und unterstellt danach ewig gleich hohe Ausschüttungen, bezeichnet als Ewige Rente, Restwert oder im Englischen Residual Value, Terminal Value oder Continuing Value. Dem Restwert kommt wertmäßig erhebliche Bedeutung zu..
Mit dem Kapitalisierungszinssatz sollen langfristige, alternative Anlagemöglichkeiten des Investors in Aktien abgebildet werden. Langfristig bedeutet hierbei mehr als 10 Jahre. Bis 2005 wurden risikoarme (Staats)Anleihen als Anlagealternative herangezogen. Der Kapitalisierungszinssatz wird gebildet aus einem Basiszinssatz, d.h. dem Zinssatz für risikoarme (Staats)Anleihen, und einem Risikozuschlag oder Sicherheitsabschlag, einem Wachstumsabschlag und auch einem Steuerabschlag. Der „Ständige Arbeitskreis Unternehmensbewertung“ des IDW legt regelmäßig den Basiszinssatz fest. Die Anwendung des CAPM bzw. des Tax-CAPM ist geboten (CAPM = Capital Asset Pricing Model, dt. Preismodell für Kapitalgüter, Kapitalgutpreismodell). Die Szenariotechnik kann als weitere Methode der Berücksichtigung von Unsicherheit hinzukommen.
Auch das angloamerikanische Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren, dt. abgezinster Zahlungsstrom) kann zum Ertragswertverfahren gezählt werden. Denn konzeptionell basieren beide Verfahren auf dem Kapitalwertkalkül. Der Unternehmenswert wird hier durch Diskontierung von Cashflows ermittelt. Die Eigenkapitalkosten basieren stets auf dem CAPM. Es werden in die zwei Entity-Verfahren (Bruttoverfahren, Eigenkapitel + Fremdkapital) WAAC und APV und in das Equity-Verfahren (Nettoverfahren, Eigenkapital) FTE unterschieden. Die DCF-Verfahren sind nicht nur ein Verfahren der Unternehmensbewertung, sondern auch ein Instrument der permanenten Unternehmensbewertung im Sinne des Shareholder-Value-Ansatzes. DCF-Verfahren werden im deutschsprachigen Raum anstelle des Ertragswertverfahrens angewandt bei Transaktionsteilnehmern von außerhalb der deutschsprachigen Länder, da das Ertragswertverfahren im Ausland, hier insbesondere im angloamerikanischen Raum, praktisch unbekannt ist.
Multiplikatorverfahren
Beim Multiplikatorverfahren, in der Praxis auch „multiples“ genannt, werden die Unternehmenswerte unter Vergleich charakteristischer Eckdaten vergleichbarer Unternehmen ermittelt. Diese charakteristischen Eckdaten können Multiplikatoren von börsennotierten Unternehmen sein, Multiplikatoren auf Basis von realisierten Transaktionen oder Multiplikatoren, die übliche branchenbezogene Werte wiederspiegeln und die aus den in der Vergangenheit realisierten Unternehmenstransaktionen abgeleitet werden. Mit letztgenannten Multiplikatoren werden in Deutschland typischerweise Freiberufler-Praxen bewertet. In der Praxis existieren unterschiedliche Varianten wie Gewinnmultiplikatoren oder Umsatzmultiplikatoren usw. Der Unternehmenswert wird ermittelt aus der Multiplikation des bereinigten Gewinns und dem Gewinnmultiplikator oder dem bereinigten Umsatz und Umsatzmultiplikator usw. Häufig werden auch andere verwandte Kennzahlen der Bewertungsobjekte herangezogen wie EBITDA, EBIT oder Cashflow.
Grundgedanke des Multiplikatorverfahrens ist, dass gleiche Unternehmen vergleichbare Werte haben sollen. Da der Unternehmenswert hier durch Vergleich ermittelt wird, entfallen detaillierte Unternehmensanalysen. Dem Multiplikatorverfahren kommt bei der Bewertung kleiner bis mittlerer Unternehmen deshalb erhebliche Bedeutung zu, da die Ertragswert- und DCF-Bewertungen häufig aufwändiger und kostenintensiver sind. In bestimmten Branchen wie den schon genannten Freiberufler-Praxen dominiert dieses Bewertungsverfahren. Auch als erste Wertindikation im Rahmen von M&A-Transaktionen wird das Multiplikatorverfahren oft eingesetzt.
Der Ablauf einer Multiplikatorbewertung kann wie folgt skizziert werden:
- Analyse des zu bewertenden Unternehmens
- Auswahl der Referenzobjekte
- Auswahl der Multiplikatoren
- Berechnung des Unternehmenswerts
- Adjustierung
Die Vorteile des Multiplikatorverfahrens bestehen damit in einer vergleichsweise einfachen Wertermittlung, in wenig Dateninput, in realisierten Transaktionen und damit Marktdaten und in einer hohen Anwendungsakzeptanz in der Praxis. Die Nachteile liegen darin, repräsentative Erfahrungssätze zu finden sowie darin, dass Multiplikatoren häufig weit gestreut sind und somit ein wesentlicher subjektiver Einfluss des Bewerters über Zu- und Abschläge möglich ist.
Das „Institut der Wirtschaftsprüfer e.V (IDW)“ formuliert in Deutschland Bewertungsfunktionen und Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensbewertungen, aktuell unter dem Titel „IDW S 1 i.d.F. 2008 – Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“. Demnach wird das Multiplikatorverfahren von den Wirtschaftsprüfern Deutschlands nicht als eigenständiges Unternehmensbewertungsverfahren anerkannt. Das IDW akzeptiert das Multiplikatorverfahren nur zur Plausibilisierung von Ertragswert- und DCF-Bewertungen und sieht Ertragswertverfahren und DCF-Verfahren wie die Wirtschaftswissenschaften als einziges eigenständiges professionelles Unternehmensbewertungsverfahren.
Substanzwertverfahren
Beim Substanzwertverfahren werden die Vermögensgegenstände und Schulden eines Unternehmens einzelnen erfasst und mit einem Wiederbeschaffungs- oder Liquidationswert bewertet. Grundlage bildet das Inventar des Unternehmens. Kernproblem des Substanzwertverfahrens ist, dass immaterielle Faktoren kaum erfasst werden bzw. werden können. So fließen wesentliche wertbildende Faktoren wie Wissen, Fähigkeiten und Erfahrungen von Mitarbeitern, eine eingespielte Organisation, der Standort, der Bekanntheitsgrad des Unternehmens oder seiner Produkte, der Kundenstamm oder Stammlieferanten usw. nicht in dieses Unternehmensbewertungsverfahren ein. Es hat daher wissenschaftlich betrachtet nur noch Bedeutung bei Krisenunternehmen, d.h. im Insolvenzfall. Dennoch ist dieses Verfahren bis heute weit verbreitet.
Liquidationswert
Grundidee dieses Verfahrens ist es, einen Vergleichswert zum Ertragswert bzw. zum DCF-Wert zu haben, um über eine Fortführung oder Liquidation bei Krisenunternehmen zu entscheiden. Die Vermögensgegenstände werden hier mit Einzelveräußerungswerten versehen, die Schulden mit Ablösebeträge, und die mengenmäßige Grundlage bildet wie beim Substanzwertverfahren das Inventar. Das Problem bei diesem Verfahren ist ähnlich wie beim Substanzwertverfahren, dass werthaltige immaterielle Vermögensgegenstände nicht einzeln zerschlagen werden können wie zum Beispiel der Geschäfts- oder Firmenwert (GOF). Oder die Liquidationswerte von zum Beispiel Spezialmaschinen unterschreiten häufig selbst die Buchwerte in der Bilanz erheblich.
Mischverfahren
Mischverfahren kommt auch heute noch in der Praxis Bedeutung zu, da diese Verfahren vergleichsweise einfach angewendet werden können. Auch erfordern vielfach Regelungen über das Ausscheiden von Gesellschaftern in Gesellschaftsverträgen die Anwendung dieser Verfahren.
Der Unternehmenswert wird hier aus einer Kombination von Ertragswert und Substanzwert ermittelt. Der Ertragswert wird hierbei regelmäßig in Form der ewigen Rente angesetzt. Infrage kommen das Mittelwertverfahren und das Übergewinnverfahren. Das Stuttgarter Verfahren war bis Ende 2008 ein steuerliches Mischverfahren zur Bewertung nicht notierter Anleihen von Kapitalgesellschaften, ist bis heute teils in GmbH-Satzungen als Bewertungsmethode aufgeführt und ist gemäß deutschem Bundesverfassungsgericht seit Ende 2006 zur Bewertung aus steuerlichen Anlässen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Besonderheiten bei der Unternehmensbewertung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)
Es gibt eine Reihe von Besonderheiten bei der Unternehmensbewertung von kleinen und mittleren Betrieben, denen sich jeder Berater unseres Hauses bewusst ist.
KMU haben ein vergleichsweise gering ausgebautes Rechnungswesen. Häufig sind Unternehmenseigentümer und Geschäftsführer identisch. Häufig liegen auch Familienunternehmen vor. Es gibt kein ausgebautes internes Kontrollsystem und eine einfache Organisationsstruktur sowie flache Hierarchien. Die marktbezogene Risikostruktur ist gekennzeichnet von vergleichsweise volatiler Umsatz- und Gewinnentwicklung wegen geringer Stabilität von KMU-Märkten. Darüber hinaus trifft der Absatz regelmäßig auf kleindimensionierte Nachfragen. Weiterhin fehlt der Zugang zum offenen Kapitalmarkt, und so erfolgt eine Fremdfinanzierung meist über die eigene Hausbank.
Familienunternehmen haben vielfach ihr Privat- und Betriebsvermögen vermischt. Es gibt mitarbeitende Familienangehörige und diverse Leistungsbeziehungen zwischen dem Betriebs- und Privatbereich. Damit stellt sich immer auch die Frage nach der Angemessenheit der Leistungsbeziehnungen und Leistungsbewertungen.
Darüber hinaus ist das Eigenkapital oft niedrig. Und es liegt häufig eine Betriebsaufspaltung in Form einer Betriebskapitalgesellschaft und eine Besitzpersonengesellschaft vor, womit beide Unternehmen zusammen als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden müssen.
Die nicht selten geringe Qualität des Rechnungswesens betrifft sowohl die vergangenheitsorientierte Finanzbuchhaltung als auch ein zukunftsgerichtetes Controlling. Bewertungsrelevante Unterlagen stehen regelmäßig nicht zur Verfügung, sondern müssen häufig erst originär erzeugt oder beschafft werden. Die Bilanz von KMU orientiert sich an den Jahresabschlüssen, die ungeprüft, plausibilisiert oder auch geprüft sein können. Eine vollständige und richtige Datenlage ist ebenfalls oft nicht gegeben..
Damit liegt eine Unternehmensplanung häufig nicht vor und muss deshalb zumeist im Rahmen der Unternehmensbewertung originär erstellt werden. Darüber hinaus erfolgt die Planung oft sehr optimistisch. Gesellschafter-Geschäftsführer oder Familienmitglieder neigen bei einem geplanten Verkauf ihres Unternehmens naturgemäß zu optimistischen Planungsansätzen. Auch die Planung als betriebswirtschaftliche Planung zum Zwecke der Unternehmensbewertung und nicht als handelsrechtliche Planung führt zum Beispiel bei der notwendigen Kalkulation eines angemessenen Unternehmerlohns auf Eigentümer-Unternehmer-Seite zuweilen zu Irritationen.
Insgesamt ist bei einer Unternehmensbewertung für KMU die Gesamtplausibilisierung deshalb besonders sorgfältig vorzunehmen. Und auch die besondere Risikostruktur von KMU verlangt eine besondere Risikobewertung. Eine Transaktion ist damit vergleichsweise kosten- und zeitaufwändig. Naturgemäß ziehen KMU einfache und verständliche Bewertungsverfahren vor wie ein „einfaches“ Ertragswertverfahren, ein Ertragswertverfahren “alter Prägung“ mit Ansatz eines Basiszinssatzes und subjektiven Zu- und Abschlägen oder wie das Multiplikatorverfahren. Und selbst wenn ein übliches Ertragswert- oder DCF-Verfahren realisiert werden soll, ist die Ermittlung des CAPM oder Tax-CAPM aufgrund der Börsenabwesenheit des betreffenden Unternehmens mit dem Rechnen von Ersatzgrößen verbunden. Das bedeutet einen höheren Aufwand und mögliche Unschärfen für das zu bewertende Unternehmen, die bei allen anderen Bewertungsverfahren allerdings mit Sicherheit auch auftreten.
Wir nehmen Unternehmensbewertungen unabhängig von der Unternehmensart ganz überwiegend nach dem Ertragswert- oder DCF-Verfahren vor.